- AUS DER KLAR WERKSTATT
Kommunikation in politisch kontroversen Zeiten
Wie gehen Institutionen und Unternehmen damit um, wenn sie in gesellschaftspolitische Diskussionen geraten? Wir haben dazu mit Cornelia Blum, Kommunikationsleiterin der Universität Wien, und Peter Kleemann, Unternehmenssprecher der Flughafen Wien AG, gesprochen.
klar: An Universitäten weltweit wurden Pro-Palästina-Proteste abgehalten, so auch an der Uni Wien. Wie seid ihr damit umgegangen?
Cornelia Blum: Wir konnten uns gut vorbereiten und haben frühzeitig begonnen, das Thema zu monitoren. Erstens, weil die mediale Berichterstattung zu den Protesten an den US-amerikanischen Universitäten in österreichischen Medien überproportional Niederschlag gefunden hat. Während es hier bereits im April ein großes Thema war, war es in anderen Ländern wie Frankreich oder Spanien noch vergleichsweise leise. Und zweitens kursierte auf Social Media sehr bald ein Archivfoto der Uni Wien aus den 1930er Jahren, das eine Menschenkette um die Uni zeigte, die Juden den Zutritt verweigerte. Wir wurden also mit der dunklen Seite unserer eigenen Geschichte konfrontiert.
Diese Phase dauerte zwei Wochen. Als dann Anfang Mai die ersten Protestcamps auf unserem Gelände errichtet wurden, hat das zunächst der Sicherheitsdienst beobachtet. Wir waren gut vorbereitet und sehr schnell im Austausch mit Exekutive und Politik und konnten so abgestimmt handeln. Es ist auch so, dass man in solchen Situationen nicht allein entscheiden kann, selbst wenn der Rektor sagt, er möchte keine Protestcamps auf seinem Gelände haben, entscheidet letztlich die Exekutive, ob sie das Camp räumt oder nicht.
klar: Was hat das für euch in der Kommunikationsabteilung bedeutet?
Blum: Zunächst war es für uns eine ungewisse Situation, weil wir nicht wussten, wie lange dieser Zustand dauern wird – auch von der Kommunikationsplanung her. Das waren sehr lange und anstrengende Tage. Für uns in der Kommunikation hieß das, sehr viel Augenmerk auf das Uni Wien-Community Management zu legen und dort sehr, sehr viele Fragen aus allen Richtungen zu beantworten. Vor Ort wurden Beschmierungen und Sprühaktionen in Zusammenarbeit mit einer Sicherheitsfirma konsequent und sehr rasch entfernt. Real ist dann alles schnell gegangen, weil die Polizei das Camp bereits nach wenigen Tagen – von 8. auf 9. Mai – geräumt hat.
Insgesamt waren wir in der Kommunikation allerdings lange mit dem Thema beschäftigt. Wir sind als Universität im Austausch mit israelischen und palästinensischen Studierenden und haben auch eine Kooperation mit der Hebrew University of Jerusalem. Die Beschäftigung mit dem Thema begann bereits im Herbst davor.
klar: Eine Universität ist ja in ihrem Wesen diskursorientiert. Wie weit kann man das in einer solchen Situation einhalten?
Blum: Für uns ging es genau darum und geht es immer darum, unsere Kernwerte zu verteidigen: Die Universität Wien steht für offenen Diskurs und Raum für Dialog, der Austausch von Argumenten ist eines unserer obersten Prinzipien. Eine Grenze setzt hier das Strafrecht, oder wenn die Universität Wien die Sicherheit für Veranstaltungsteilnehmer:innen nicht mehr garantieren kann. In diesem Fall hat Uni Wien klare Position bezogen, da wir keine Bühne für einseitige Vereinnahmen bieten wollten. Das war auch der Grund, warum wir uns für aktive Medienberichterstattung erst im Nachhinein entschieden haben, weil wir die Situation zuerst geklärt haben wollen. Auch schon früher haben wir Veranstaltungsreihen Pro Palästina abgesagt, da kein offener Diskurs gegeben war.
klar: Auch der Flughafen Wien hat heuer Proteste von Aktivist:innen am Terminal erlebt und ist in den Fokus der Klimadebatte gerückt. Wie geht ihr mit dem Thema um?
Kleemann: Vorausschicken möchte ich, dass der Flughafen Wien von 2000 bis 2005 das europaweit größte Mediationsverfahren mit Anrainergemeinden und zahlreichen Bürgerinitiativen durchgeführt hat und seit dieser Zeit mit dem Dialogforum als Nachfolgeorganisation ein Vorzeigemodell für Bürgerbeteiligung in Österreich besteht. Dieses Dialogforum bildet die Plattform für einen konstruktiven Austausch und entwickelt Lösungen für die Menschen, wie zum Beispiel gerade ein 24 Mio. Euro-schweres Lärmschutzprogramm für Fluglärmbetroffene.
Ziel ist es, Kompromisse zu finden, die sowohl den Flughafenbetrieb als auch die Anliegen der betroffenen Bevölkerung berücksichtigen. Das funktioniert sehr gut und wird von uns auch weiterhin unterstützt. Es sind über die Jahre viele Lösungen gefunden worden und sogar Freundschaften entstanden.
klar: Heuer hat es medienwirksam Proteste von Klimaaktivist:innen auf eurem Gelände gegeben, wie seid ihr diesen begegnet. Wie ist eure Haltung zum Klimathema?
Kleemann: Absolute Priorität hat für uns als Flughafen, dass die Sicherheit von Passagieren und Beschäftigen nicht gefährdet werden. Dazu sind wir mit den Behörden in Kontakt, die hier auch sehr professionell agieren. Die Störaktionen am Flughafen Wien hatten zwar Auswirkungen auch den Betrieb, aber nicht so massiv wie bei ähnlichen Vorfällen an deutschen Flughäfen. Demnach wurden die Proteste auch zugelassen, die Aktivisten konnten ihre Botschaft anbringen. Mit dieser Aktion und Gruppe gab es aber keinen Kompromiss zu erreichen.
klar: Wie war eure Kommunikationsstrategie?
Kleemann: Wir kommunizieren faktenbasiert, aber auch selbstbewusst. Über 100.000 Menschen frequentieren täglich die Flughafen-Terminals, die Menschen wollen möglichst ohne Probleme ihre Reise antreten und zum Beispiel in ihren wohlverdienten Urlaub fliegen. Ihnen das durch Störaktionen zu erschweren, hilft der Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen eher nicht. Eine breite Unterstützung ist aber wichtig, wenn Klimaschutzmaßnahmen von der Bevölkerung mitgetragen und gelebt werden sollen. Wir als Flughafen leisten dafür bereits einen großen Beitrag: Wir führen unseren Betrieb seit 2023 CO2-neutral, decken 50% unseres Jahresstromverbrauchs aus selbst produziertem Sonnenstrom und vieles mehr.
klar: Danke für das Gespräch!