- Allgemein
Wem glaubt Österreich 2016? Hirscher vor Papst und Fischer
klar.SORA Glaubwürdigkeits-Ranking 2016
- Aufsteiger: Kirche, Koller, Polizei
- Absteiger: Merkel, Glawischnig, Bundesregierung
- Politik Österreich: Fischer, Kern, Van der Bellen punkten
- Politik international: Merkel an der Spitze, Trump und Erdoğan Schlusslichter
- Feuerwehr, Rotes Kreuz und Polizei sind top
- Wirtschaft: Spitzenwerte für Handelsketten, Banken abgeschlagen
- Faktoren für Glaubwürdigkeit: Ehrlichkeit, Transparenz, Einhalten von Versprechen
Wien, 28. Juni 2016 – Nichts geht den ÖsterreicherInnen über Feuerwehr, Rotes Kreuz und Polizei, wenn es um Glaubwürdigkeit geht. Das ist das Ergebnis des klar.SORA Glaubwürdigkeits-Rankings 2016. Die glaubwürdigsten Unternehmen finden sich wie im Vorjahr im Lebensmitteleinzelhandel, gefolgt von Infrastruktur und Industrie. Die glaubwürdigsten PolitikerInnen sind national Heinz Fischer und international Angela Merkel. Allerdings ist Merkel auch die Absteigerin des Jahres: Nur noch 45 % der ÖsterreicherInnen schätzen sie als glaubwürdig ein, 2015 waren es noch 70 %. Am Ende der Politik-Skala finden sich Vladimir Putin, Donald Trump und Recep Tayyip Erdoğan. In Österreich verzeichnen Kanzler Christian Kern und Alexander Van der Bellen nach Fischer die besten Werte, Heinz-Christian Strache bildet das Schlusslicht. Die österreichische Bundesregierung und die EU-Kommission können nur 30 bzw. 25 % der Bevölkerung überzeugen. Ganz anders hingegen die katholische Kirche: Sie legt gegenüber 2015 um 11 Prozentpunkte zu und wird von 46 % der ÖsterreicherInnen als glaubwürdig eingestuft. Den höchsten Wert aller abgefragten Personen erzielt Marcel Hirscher – er kommt vor dem Papst und Heinz Fischer ins Ziel.
Für das klar.SORA Glaubwürdigkeits-Ranking wurden im Mai und Juni 2016 österreichweit 750 Personen ab 16 Jahren zur Glaubwürdigkeit von AkteurInnen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft befragt.
Österreichische Politik: Fischer führt Ranking souverän an
Bundespräsident Heinz Fischer sticht alle anderen abgefragten österreichischen PolitikvertreterInnen aus: 75 % der ÖsterreicherInnen halten ihn für glaubwürdig. Damit konnte er im Vergleich zum Vorjahr sogar noch 7 Prozentpunkte dazugewinnen. Hohe Neueinstiegs-Werte bekommen Bundeskanzler Christian Kern und der designierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Jeweils knapp mehr als die Hälfte der ÖsterreicherInnen hält die beiden erstmals abgefragten Politiker für glaubwürdig (53 bzw. 52 %). Zum Vergleich: Der Wert von Ex-Kanzler Werner Faymann lag 2015 bei 42 %. Der vierte Platz im Ranking geht an Vizekanzler und ÖVP Parteichef Reinhold Mitterlehner, dem 49 % Glaubwürdigkeit zuschreiben (2015: 52 %), Grünen-Chefin Eva Glawischnig liegt mit 42 % deutlich unter ihrem Vorjahrswert von 51 %. NEOS-Vorsitzender Matthias Strolz überzeugt 40 % der ÖsterreicherInnen in Sachen Glaubwürdigkeit, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schätzt etwas mehr als ein Drittel als glaubwürdig ein (35 %, 2015: 34 %). Die österreichische Bundesregierung verlor gegenüber 2015 um 7 Prozentpunkte – sie wird von nur 30 % der Bevölkerung als glaubwürdig eingestuft. Noch ein gutes Stück dahinter rangiert die EU-Kommission: Nur 25 % der ÖsterreicherInnen finden sie glaubwürdig.
Internationale Politik: Angela Merkel angeschlagen an der Spitze
Angela Merkel ist die große Verliererin im klar.SORA Glaubwürdigkeits-Ranking. Sie büßte gegenüber dem Vorjahr 25 Prozentpunkte ein, liegt aber dennoch an der Spitze der abgefragten ausländischen PolitikerInnen: 45 % der ÖsterreicherInnen schätzen sie als glaubwürdig ein. klar Managing Partner Sepp Tschernutter: „Kanzlerin Merkel hat in den letzten herausfordernden Monaten Haltung und Leadership in der Flüchtlingsthematik gezeigt. Allerdings fehlte ihr einerseits breite Unterstützung von Kollegen in Deutschland und Europa, andererseits ist es ihr nicht gelungen, ihre Ziele mit einem klaren, nachvollziehbaren Programm zu hinterlegen und das auch zu kommunizieren. Das wirkt sich auch auf die Glaubwürdigkeit aus.“
US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ist ebenfalls gefordert, ihre Vorhaben klar zu kommunizieren. Derzeit wird sie von 42 % der ÖsterreicherInnen als glaubwürdig bewertet. Der britische Regierungschef David Cameron kann – auch vor der Brexit-Abstimmung – nur 33 % überzeugen, glaubwürdig zu sein. Vladimir Putin wirkt mit 31 % (+ 7 Prozentpunkte) fast dreimal so überzeugend wie Donald Trump mit nur 11 %. Für 89 % gilt Trump als nicht oder wenig glaubwürdig. Schlusslicht in der Reihe der abgefragten internationalen PolitikerInnen ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan – er wird von nur 9 % der ÖsterreicherInnnen für glaubwürdig gehalten.
Wirtschaft: Hofer, Spar, ÖBB top
Wie im Vorjahr führt auch 2016 der Lebensmittelhandel deutlich das Ranking der glaubwürdigsten Branchen an (78 %), gefolgt von Verkehr und Infrastruktur (68 %), Industrie (60 %), Telekommunikation (57 %), Energieversorgern (56 %) und Automobilherstellern (52 %). Wie 2015 finden sich die Banken am Ende der Liste (43 %).
Das Unternehmens-Ranking führen Hofer (82 %) und Spar (80 %) an. Billa liegt mit 71 % ein gutes Stück hinter den Mitbewerbern. Jahressieger in Verkehr und Infrastruktur sind die ÖBB, denen 73 % der heimischen Bevölkerung Glaubwürdigkeit beimessen. Sie konnten gegenüber dem Vorjahr um 6 Prozentpunkte zulegen. „Die Bundesbahnen haben sich exponiert, in den turbulenten Wochen mit tausenden durchreisenden Flüchtlingen ein menschliches Gesicht gezeigt und sich nicht zuletzt um konsequente Verbesserung ihrer Services bemüht. Das macht sich auch im Image bezahlt, zu dem zu einem großen Teil auch die Zuschreibung eines glaubwürdigen Verhaltens zählt“, interpretiert Tschernutter das gute Ergebnis. Auch die übrigen Infrastruktur-Unternehmen überzeugen jeweils rund zwei Drittel der Bevölkerung: Die Österreichische Post agiert für 70 % glaubwürdig, die ASFINAG für 67 %. Die erstmals abgefragten Österreichischen Bundesforste können 66 % von ihrer Glaubwürdigkeit überzeugen. Die Austrian Airlines bestehen den Glaubwürdigkeits-Test bei 64 % der ÖsterreicherInnen.
Bestgereihtes Industrieunternehmen ist auf Platz 5 die voestalpine (70 %), gefolgt von Siemens (60 %), OMV und Wienerberger (je 55 %). Bei den Telekommunikations-Unternehmen liegt A1 Telekom mit 65 % voran, T-Mobile finden 57 % glaubwürdig, Drei erhält von 49 % eine positive Bewertung. Unter den Energieversorgern erhält der Verbund mit 67 % den höchsten Glaubwürdigkeits-Wert, die EVN folgt mit 57 %, Wien Energie halten 45 % für glaubwürdig.
Nach den negativen Schlagzeilen für die Autoindustrie erscheinen die relativ niedrigen Werte für die abgefragten Hersteller als logische Konsequenz: Während BMW, Mercedes (je 59 %) und Audi (55 %) Werte im Mittelfeld erzielen, ist Volkswagen deutlich abgeschlagen: Die Wolfsburger werden nur von 35 % der ÖsterreicherInnen als glaubwürdig eingeschätzt. „Bei aller Behutsamkeit, die bei der Beurteilung von Krisenkommunikation gilt, wird doch deutlich: Ohne klare Position und Strategie widersprüchliche oder beschönigende Aussagen zu machen, zerstört Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Hier Sagen und Tun wieder in Gleichklang zu bringen, ist harte Arbeit“, so Tschernutter.
Der Bankensektor ist nach der Krise weiterhin von einem Glaubwürdigkeitsverlust gekennzeichnet. Nur die Raiffeisen-Bank konnte sich mit 58 % im Mittelfeld behaupten. Die anderen abgefragten Banken finden sich durchwegs am unteren Ende des Unternehmensrankings: Erste Bank und BAWAK P.S.K. können 43 % bzw. 40 % von ihrer Glaubwürdigkeit überzeugen. Der Bank Austria UniCredit gelingt dies nur bei 33 % der Bevölkerung.
Institutionen: Kirche, Polizei und Wirtschaftskammer legen zu
Die glaubwürdigsten Institutionen sind für die ÖsterreicherInnen die Feuerwehr (98 %), das Rote Kreuz (93 %) und die Polizei (85 %), die sich gegenüber 2015 um 8 Prozentpunkte verbessern konnte. Das erstmals abgefragte Bundesheer liegt mit 74 % zwar deutlich darunter, bekommt aber ebenfalls sehr hohe Glaubwürdigkeitswerte.
Bei den Sozialpartnern, Interessensvertretungen und Serviceeinrichtungen liegt die Arbeiterkammer an der Spitze: Die Arbeitnehmervertretung ist für 75 % der ÖsterreicherInnen glaubwürdig. Die Wirtschaftskammer konnte sich mit 65 % gegenüber 2015 um 7 Prozentpunkte verbessern. Das AMS finden 59 % glaubwürdig, der Österreichische Gewerkschaftsbund liegt bei 52 %. Etwas abgeschlagen ist die Industriellenvereinigung: Sie erscheint 42 % der ÖsterreicherInnen glaubwürdig.
Top-Aufsteigerin bei den Institutionen ist jedoch die katholische Kirche: 46 % der Bevölkerung finden sie 2016 glaubwürdig, um 11 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr (35 %). Damit liegt sie aber immer noch weit hinter ihrem Oberhaupt, Papst Franziskus. Den Gewinner des Glaubwürdigkeits-Rankings 2015 schätzen in diesem Jahr 82 % der ÖsterreicherInnen als glaubwürdig ein. SORA Geschäftsführer Christoph Hofinger: „Das kann sowohl eine Hinwendung zur Kirche in schwierigen Zeiten als auch einen ‚Franziskus-Effekt‘ bedeuten. Grundsätzlich kann eine Person eine Institution mitziehen, außer die Institution schießt quer und unterwandert die Glaubwürdigkeit der Führung. Das wird auch in der österreichischen Politik spannend zu beobachten.“
Hirscher dominiert, Koller trifft im Fußball
Geschlagen geben muss sich der Papst nur Skirennläufer Marcel Hirscher, der für 83 % glaubwürdig ist und damit das Gesamt-Ranking anführt. Im Sport gibt es aber noch einen anderen Spitzenwert zu verzeichnen: Marcel Koller halten – vor Beginn der Euro – 74 % für glaubwürdig – er kann damit gegenüber dem Vorjahr wie die Kirche um 11 Prozentpunkte dazugewinnen. David Alaba ist ihm mit 70 % auf den Fersen. Im Sportumfeld ist Dietrich Mateschitz für 69 % glaubwürdig, Sport-Kommentator und Spielerlegende Herbert Prohaska glauben 68 % der ÖsterreicherInnen. Die wichtigsten Institutionen des Fußballs können sich hingegen wenig Freunde machen: Nur 21 % schätzen die UEFA als glaubwürdig ein, der Weltfußballverband FIFA überzeugt nur 15 %.
Faktoren für Glaubwürdigkeit: Ehrlichkeit, Übereinstimmung von Sagen und Tun
Christoph Hofinger: “Weder die Flüchtlingssituation noch die fortgesetzte Krise haben die Menschen bisher dazu gebracht, die öffentlichen Player pauschal als weniger glaubwürdig einzustufen. Auch zeigt sich, dass Glaubwürdigkeit einerseits durch nachvollziehbares und authentisches Handeln aufgebaut werden kann, andererseits durch Schaffen von Nähe und Relevanz. Bei Nichtbeachtung dieser Faktoren kann sie aber schnell dahin sein.“
Hintergrund: Folgende Faktoren wirken glaubwürdigkeitsfördernd oder -mindernd:
Die stärksten statistischen Zusammenhänge mit Glaubwürdigkeit zeigen folgende Beschreibungen:
- „ist ehrlich“
- „tut, was er/sie sagt“
- „hält, was er/sie verspricht“
Fast gleich stark wirken:
- „ist offen und transparent“
- „bei ihm/ihr passt alles zusammen“
Etwas schwächer wirken:
- „hat eine klare Linie“
- „zeigt wofür er/sie steht“
- „ist bereit, Fehler einzugestehen“
- „versucht nicht, sich besser darzustellen als er/sie ist“
Im Vergleich am wenigsten, aber immer noch signifikant:
- „weiß, was er/sie kann“
- „hat nichts zu verbergen“
Sepp Tschernutter: „Die Autorität von Führungskräften in Politik und Wirtschaft muss in ihrer direkten Umgebung nachvollziehbar anerkannt werden. Das funktioniert unter anderem durch übereinstimmende oder zumindest vereinbare Botschaften. Organisationen müssen deshalb ihre interne Kommunikation zumindest gleich wichtig wie die externe nehmen und ihre Aufgaben und Pläne verständlich machen. Dann kann die Öffentlichkeit ihre Glaubwürdigkeit einschätzen. Eine klare Sprache, authentisches Auftreten, Einhalten von Versprechen sind einfache Grundlagen für Glaubwürdigkeit.“
Umfrage und Methodik
Das klar.SORA Glaubwürdigkeits-Ranking basiert auf 750 telefonischen Interviews österreichweit mit Personen ab 16 Jahren (Feldzeit 25. Mai – 10. Juni 2016).
Fragestellung: „Menschen und Organisationen sind dann glaubwürdig, wenn das, was sie sagen, auf lange Sicht mit dem übereinstimmt, was sie tun. Sind die folgenden Personen und Organisationen in diesem Sinne für Sie sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht glaubwürdig?“ Antwortmöglichkeiten: sehr glaubwürdig, ziemlich glaubwürdig, wenig glaubwürdig, gar nicht glaubwürdig, weiß nicht, kenne ich nicht. Die Interviews führte das Institut für statistische Analysen Jaksch & Partner durch. Die Daten wurden gewichtet nach Alter, Geschlecht und Bildung. Somit entstehen aus diesen Daten repräsentative Aussagen über die österreichische Bevölkerung. Die maximale Schwankungsbreite für die dargestellten Ergebnisse liegt bei +/- 3,6 %. Veränderungen zwischen den Messzeitpunkten sind ab 5 Prozentpunkten signifikant.
Über klar
klar ist eine österreichische Strategie- und Kommunikationsberatung, spezialisiert auf die Lösung anspruchsvoller Kommunikationsaufgaben. Gegründet wurde klar im Jänner 2015 von den PR-Expertinnen und -Experten Birgit Brandner, Bernhard Hudik, Birgit Kacerovsky und Sepp Tschernutter, die das Unternehmen als gleichberechtigte Partner führen. Mehr unter www.klar.net
Über SORA
Das SORA Institut zählt zu den führenden privaten sozialwissenschaftlichen Instituten in Europa. Als renommierte Autorität in der Politik- und Sozialforschung liefert das Wiener Institut Forschung und Beratung für Interessensvertretungen und öffentliche Einrichtungen sowie namhafte Privatunternehmen. Neben der Erstellung wissenschaftlich fundierter Entscheidungsgrundlagen umfasst das SORA-Portfolio auch die Begleitung der Kunden bei der Formulierung von Kommunikationsstrategien und deren effizienter Umsetzung. Mehr unter www.sora.at
Rückfragehinweis:
klar, Bernhard Hudik bernhard.hudik@klar.net; +43 664 922 7271
SORA, Florian Oberhuber fo@sora.at; +43 1 585 33 44-58