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Das war das Symposion „Die Glaubwürdigkeit und ihre Feinde“

Mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich am 30. Juni im Ares Tower, um mit Blick über Wien die zukünftige Bedeutung von Glaubwürdigkeit und ihren Einfluss auf den Erfolg von Medien, Unternehmen und die Gesellschaft zu diskutieren. Hier eine kurze Zusammenfassung mit Links zu Vorträgen, Fotos und Projekten.

Konrad Paul Liessmann: „Tun Sie, wovon Sie glauben, dass es richtig und wichtig ist.“

Der Philosoph Konrad Paul Liessmann setzte zwei Prämissen für den Begriff Glaubwürdigkeit an den Beginn seines Vortrags: die eigene Souveränität, jemandem eine Würdigkeit zusprechen zu können und einen Mangel an Wissen, der es erst notwendig mache, zu glauben: „Wir können mangels Informationen nicht kommunizieren, ohne dem anderen einen Glaubwürdigkeitsvorschuss zu geben“. Wir würden Glaubwürdigkeit also prinzipiell voraussetzen, Misstrauen oder Unglaubwürdigkeit entstehe erst dann, wenn dieser Glaubwürdigkeitsvorschuss sukzessive enttäuscht worden ist.

Liessmann nannte fünf gängige, als Imperativ formulierte Kriterien für Glaubwürdigkeit

  1. Seien Sie ehrlich!
  2. Seien Sie transparent!
  3. Bleiben Sie authentisch!
  4. Achten Sie darauf, dass Reden und Handeln immer übereinstimmen!
  5. Achten Sie auf konsistentes Verhalten!

nicht ohne gleichzeitig jede einzelne Forderung mangels Sinn und Umsetzbarkeit im täglichen Leben umgehend zu hinterfragen.

Für Unternehmen, Medien oder politische Parteien biete sich folgender Wegweiser: „Tun Sie, wovon Sie glauben, dass es richtig und wichtig ist. Die Entscheidung, ob das glaubwürdig ist, überlassen Sie Ihren Kunden, Lesern und Wählern.“

Hier geht es zum Vortrag

 

Hajo Boomgaarden: „Medien haben über die letzten Jahre nicht signifikant an Vertrauen verloren.“

Hajo Boomgarden, Professor für empirische Methoden in den Sozialwissenschaften an der Universität Wien, widerspricht der verbreiteten Überzeugung eines dramatischen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlusts der Massenmedien. Das Medienvertrauen unterliege Schwankungen und werde auch von Ereignissen wie der Flüchtlingskrise beeinflusst, über die letzten Jahre sei aber kein genereller Vertrauensverlust zu beobachten.

Auch die Wirkung von Filterblasen ist laut Boomgaarden weniger ausgeprägt als angenommen und soziale Medien führten generell nur bei eher kleinen Teilen der Bevölkerung zu Abschottung. Nachweisbar sei jedoch, dass alternative Informationskanäle „Spiralen des Misstrauens“ fördern würden. Untersuchungen zu österreichischen Medien belegten die Abhängigkeit des Vertrauens in einzelne Medien von der politischen Präferenz und einen klaren Zusammenhang zwischen rechten politischen Präferenzen und Systemvertrauen. Journalismus brauche jedenfalls Gründlichkeit und Transparenz und dürfe sich keine Fehler erlauben. Das wirke aber auch nur bei jenem Teil der Bevölkerung, der erreicht werden könne.

Zur Präsentation

 

Martin Kotynek: „Gestern nannten wir es Dilettantismus, heute sagen wir agiles Arbeiten.“

ZEIT ONLINE setzt darauf, den Diskurs mit und zwischen den Lesern und Usern auszubauen, während andere Medien aus Kostengründen Kommentarfunktionen schließen. Martin Kotynek, stellvertretender Chefredakteur von ZEIT ONLINE stellte mehrere Projekte vor, die die Transparenz und Glaubwürdigkeit des Mediums stärken sollen – in seinen Worten „Experimente, deren Ausgang noch ungewiss ist“:

Im Jahr der Bundestagswahl will man mit dem Projekt #D17 versuchen, Deutschland Deutschland zu erklären.

Ausgehend von der Annahme, dass richtungsweisende Entscheidungen wie die US-Wahl oder die Brexit-Abstimmung auch stark von nationalen Stimmungen beeinflusst werden, wird unter anderem in der Leserumfrage Wie geht es uns? täglich die Stimmungslage im Land abgefragt.

Das Projekt Deutschland spricht bringt Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und Positionen zusammen und ermöglicht es ihnen so, andere Sichtweisen kennen zu lernen, die eigenen zu hinterfragen und den eigenen Horizont zu erweitern.

Bei Z2X ist ZEIT ONLINE Gastgeber für Menschen zwischen 20 und 29, die mit ihren Projekten ihr Leben oder die Welt verbessern wollen.

Mit der Serie Heimatreporter will man mit Redakteuren, die in ihre ursprüngliche Heimat zurückkehren, um von dort zu berichten, zur einer Regionalisierung von Berichterstattung und öffentlichem Diskurs beitragen.

Im Transparenz-Blog Glashaus erklärt die Redaktion, warum sie über bestimmte Ereignisse berichtet und etwa Bilder von Toten veröffentlicht oder warum eben nicht. Außerdem werden redaktionelle Fehler gesammelt um sich auch so gegenüber potenzieller Kritik zu öffnen.

Der Erfolg der einzelnen Projekte sei heute noch nicht abzusehen, man habe sich aber bewusst entschieden, Vieles einfach zu probieren: „Gestern nannten wir es Dilettantismus, heute sagen wir agiles Arbeiten.“

 

Podiumsdiskussion: Wie glaubwürdig müssen Unternehmen sein?

Nur teilweise Einigkeit erlangte naturgemäß die abschießende Diskussionsrunde zur Glaubwürdigkeit von Unternehmen im Verhältnis zu Medien und Öffentlichkeit. Während laut Johannes Vetter, Leiter der OMV Unternehmenskommunikation, Glaubwürdigkeit die einzige Währung der Kommunikation ist, kritisierte STANDARD-Wirtschaftsredakteurin Renate Graber, dass Unternehmen zwar die Notwendigkeit von kritischem Journalismus betonten, wenn es um sie selbst ginge, aber oft zwischen Theorie und Praxis unterscheiden würden. Für Barbara Grohs, Konzernsprecherin der Telekom Austria Group, gelte es, zu tun, was man tun müsse und dabei so glaubwürdig wie möglich zu sein. klar Managing Partner Bernhard Hudik nannte die Schaffung bestmöglicher Rahmenbedingungen für die öffentliche Nachvollziehbarkeit unternehmerischen Handelns als grundlegende Aufgabe der Kommunikation.

Mehr Übereinstimmung gab es bei der Benennung der Feinde der Glaubwürdigkeit: Im Journalismus sind das laut Graber der wachsenden Geschwindigkeit geschuldete Fehler in der Berichterstattung und die Vermengung von Meinung und Berichterstattung. Von Unternehmensseite kamen unter anderem die Differenz von „gesagt“ und „getan“, die Tendenz, aus Bequemlichkeit den vermeintlich einfacheren Weg zu gehen oder gar Dummheit und Narzissmus.

 

Präsentation des klar.Glaubwürdigkeits-Rankings 2017

Im Rahmen des Symposions präsentierten klar Managing Partner Birgit Brandner und Marketagent.com Geschäftsführer Thomas Schwabl auch die Ergebnisse des 3. klar.Glaubwürdigkeits-Rankings mit einer Sonderauswertung der Glaubwürdigkeit von Medien als Informationsquelle.

Gesamt-Ranking

Sonderauswertung Medien

 

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